Atomkraft: Renaissance oder beginnendes Ende?

St. Pölten (25.04.2023) –

Der Jahrestag der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl erinnert einmal mehr an die großen Gefahren der Nutzung der Atomenergie. Die Faktenlage um die Atomkraft zeigt auch, dass diese unsere Energieversorgung nicht sichern kann. “Die Zukunft gehört den Erneuerbaren”, so Martin Jaksch-Fliegenschnee: “Damit diese auch Realität werden kann, benötigt es die passenden Rahmenbedingungen. Hier ist nach wie vor die Politik am Zug, besonders in den Bundesländern.”

Morgen, am 26. April, jährt sich die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl. “Selbst 37 Jahre nach der Katastrophe stellt das AKW Tschernobyl immer noch eine Gefahr dar, die durch den Krieg in der Ukraine mit Kampfhandlungen in und um die Sperrzone wieder akut wird”, so Jaksch-Fliegenschnee. Immer wieder wurden in letzter Zeit Stimmen laut, die der Nutzung der Atomkraft eine Renaissance voraussagen. Hier ist ein Blick in das jährlich aktualisierte Standardwerk der Atomkraft, dem “World Nuclear Industry Status Report”, hilfreich. Dies ist der einzige umfassende Report über den Zustand der Atomkraft, der unabhängig von der Atombranche ist. Gleich in der Einleitung heißt es dort: “Jeder Jahresbericht ist ein Schutzwall gegen Utopien und Wunschdenken, ein Instrument, um mit der Realität in Verbindung zu treten.”

Der Trend der Atomkraft zeigt bergab

Der meiste Atomstrom wurde 2006 produziert, die größte Anzahl an Reaktoren lief 2002, den höchsten Atomstromanteil am Stromverbrauch gab es bereits 1996, die längste Liste an Neubauten stammt aus dem Jahr 1979 und die meisten Baustarts fanden 1976 statt. Das durchschnittliche Alter aller AKWs beträgt weltweit über 31 Jahre. Die französischen AKWs liegen im Schnitt bei 38 Jahren, jene in den USA bei 42. In den letzten 20 Jahren hat die Zahl der laufenden Atomkraftwerke um 6 AKWs abgenommen, außerhalb von China sind es sogar netto 55 Atomkraftwerke weniger. “Der Trend geht eindeutig bergab. Fast alle Indikatoren haben die historischen Maxima überschritten”, fasst Mycel Schneider, einer der Lead-Autoren des World Nuclear Industry Status Report, die Situation zusammen.

Rückbau der Atomkraftwerke noch in den Kinderschuhen

Obwohl seit über 70 Jahren Atomkraftwerke zur Stromerzeugung eingesetzt werden, sind Rückbau und Entsorgung des radioaktiven Abfalls nach wie vor ungeklärt. Von den mehr als 200 stillgelegten AKWs wurden bis jetzt erst 10 vollständig abgerissen und die Standorte für uneingeschränkte Nutzung wieder freigegeben. Allein für diesen Bereich der Atomkraft verweist Mycel Schneider auf eine positive Zukunft: “Eine Entwicklung ist wohl zu befürworten: Rückbau, Abriss, Konditionierung, Transport, Zwischen- und Endlagerung von Atommüll aller Kategorien – diese Dinge haben eine große, sichere Zukunft.”

Die Zukunft ist erneuerbar

Während die Atomkraft 2021 erstmals seit 40 Jahren unter einen Anteil von 10 Prozent (9,8 Prozent) am Stromverbrauch rutscht, haben Wind- und Sonnenenergie mit 10,2 Prozent diesen Wert bereits überschritten. Auch in China erzeugte Windkraft mit 656 TWh um 41 Prozent mehr Strom als alle Atomkraftwerke des Landes. 2021 wurden mehr als 250 GW an erneuerbarer (ohne Wasserkraft) Kapazität ausgebaut, während bei der Atomkraft wieder 0,4 GW abgebaut wurden. Auch die Stromgestehungskosten sprechen eine deutliche Sprache: Seit 2009 haben diese bei Solarenergie um 90 Prozent, bei Windkraft um 72 Prozent abgenommen, während sie bei der Atomkraft um 36 Prozent gestiegen sind. “Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Die Zukunft der Stromerzeugung gehört den erneuerbaren Energien”, bemerkt Jaksch-Fliegenschnee und fordert die Politik auf, die Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien zur Verfügung zu stellen, damit eine preiswerte Energieversorgung und die Absicherung des österreichischen Wirtschaftsstandortes möglich sind.

IG Windkraft,
Mag. Martin Jaksch-Fliegenschnee,
m.fliegenschnee@igwindkraft.at

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