VÖB-Halbjahrespressekonferenz


Frankfurt am Main (07.11.2013) -

Auf der Halbjahrespressekonferenz des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands sprach Verbandspräsident Dr. Gunter Dunkel in seinem Statement über aktuelle bankpolitische Entwicklungen:

"Sehr geehrte Damen und Herren,

für mich ist das heute eine Premiere als Präsident der öffentlichen Banken: Zum ersten Mal begrüße ich Sie sehr herzlich zu unserer Halbjahrespressekonferenz. Ich freue mich über Ihre zahlreiche Teilnahme und danke Ihnen für Ihr Interesse. Es macht deutlich, dass die Themen und Einschätzungen der Landesbanken- und Förderbanken-Gruppe für Sie relevant sind. Ich möchte zunächst auf die wichtigsten Bankenthemen eingehen, anschließend gerne auf Ihre Fragen.

Erwartungen an die neue Bundesregierung:
- Kunden und Realwirtschaft in den Fokus rücken.
- Regulierung mit Augenmaß.
- Regulierungsmoratorium von 36 Monaten, um zunächst die bereits in Kraft getretene Regulierung umzusetzen.

Deutschland braucht eine stabile Regierung, die entschlossen die vielfältigen nationalen und internationalen Herausforderungen angeht, vor allem vor dem Hintergrund der nicht ausgestandenen Staatsschuldenkrise im Euroraum. In den laufenden Koalitionsverhandlungen müssen bei der Bankenregulierung die richtigen Konsequenzen aus der Finanzkrise gezogen werden, wobei es auch hier auf ein vernünftiges Augenmaß ankommt. So scheint es mir, als gingen die Interessen der Kunden und der Realwirtschaft in der Generaldebatte über immer mehr Regulierung unter. Dabei muss gerade der Kunde in den Mittelpunkt aller Überlegungen gerückt werden!

Bei allen Fehlern der Vergangenheit darf die Komplexität bei der Steuerung einer Bank nicht ohne Not erhöht werden. Ein gutes Beispiel hierfür ist die geplante Finanztransaktionssteuer: Banken werden durch sie keineswegs sicherer, dafür wird aber ein Großteil dieser Steuer von den Sparern und der Realwirtschaft bezahlt. Zudem macht sie die Refinanzierung von Banken und Unternehmen deutlich schwieriger. Das Projekt sollte daher schnell wieder ad acta gelegt werden.

Umsetzung und Implementierung von Basel III, Trennbankengesetz, Restrukturierungsgesetz und Europäischer Aufsicht fordern die Banken derzeit auf das Äußerste. Damit diese bereits in Kraft befindlichen Vorgaben korrekt und zeitgerecht umgesetzt werden können, brauchen die Banken dringend ein Regulierungsmoratorium von mindestens 36 Monaten. Immer neue Regeln drohen hingegen, zu Lähmungen zu führen, ohne dass hierdurch die Finanzmarktstabilität tatsächlich erhöht wird.

Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM)
- VÖB unterstützt Ziele der EU-Bankenaufsicht
- Klare Rechtsgrundlage erforderlich
- Keine "Zwangsmigration" zu IFRS für HGB-Banken
- Klare Trennung von Geldpolitik und Aufsichtstätigkeit der EZB

Gemeinsam mit den anderen Bankenverbänden unterstützen wir das Ziel einer Europäischen Bankenaufsicht, die Stabilität und Krisenresistenz des Finanzsystems im Euroraum zu erhöhen. Sicher ist die vorgesehene Ausgestaltung der neuen Aufsicht keine Ideallösung. Allerdings waren Alternativen vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und politischen Realitäten sowie wegen des erzeugten Zeitdrucks nicht realisierbar.

Besonders wichtig ist, dass der neue Aufsichtsmechanismus europarechtlich auf einer stabilen Grundlage steht. Meines Erachtens bietet Art. 127, Absatz 6 AEUV für die vorgesehene Kompetenzverlagerung keine ausreichende Rechtsgrundlage. Daher sollte auf eine baldige Änderung der EU-Verträge hingewirkt werden, wie das die EU-Finanzminister bereits am im April 2013 vereinbart haben. Sehr deutlich wenden wir uns allerdings gegen Pläne, wonach Institute, die unmittelbar der Aufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB) unterliegen und nach HGB bilanzieren, künftig IFRS als einheitlichen Rechnungslegungsstandard anwenden müssen.

Wir plädieren außerdem dafür, dass bei der EZB eine klare Trennung zwischen Aufsicht und Geldpolitik gewährleistet sein wird. Hier kann die EZB in Zielkonflikte geraten, da nach geltendem Recht der EZB-Rat formell immer das Letztentscheidungsrecht hat. Ein Alleinentscheidungsrecht dieses Aufsichtsgremiums wäre nur durch Änderung des EZB-Mandates und eine Anpassung der EU-Verträge zu erreichen.

Comprehensive Assessment der EZB
- Grundsätzlich richtiges Verfahren
- Datenabfrage: Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit
- Zeitplan muss Machbarkeit für Banken im Auge halten
- VÖB in Banking Stakeholder Group der EBA vertreten

Voraussichtlich ab November 2014 wird die EZB die Aufsichtstätigkeit über 128 systemrelevante Banken in der Euro-Zone übernehmen. 14 der 24 betroffenen deutschen Institute sind VÖB-Mitgliedsbanken! Vorher wird die EZB eine Art "Banken-TÜV" durchführen. Wir halten dieses dreistufige Comprehensive Assessment (Risikobewertung, Bilanzbewertung, zukunftsgerichteter Stresstest) für richtig und befürworten in diesem Rahmen eine harte und strenge Prüfung der betroffenen Banken. Lassen Sie mich hierzu auf drei Aspekte besonders eingehen:

- Die hohe Komplexität der Prüfungen ist mit erheblichen Risiken verbunden. Je weniger Zeit für die Datenabfragen zur Verfügung steht, desto negativer kann sich dies auf die Qualität und Konsistenz der Datenlieferungen auswirken. Daher müssen die Banken hierfür genügend Zeit bekommen. Qualität muss immer vor Schnelligkeit gehen!
- Wegen der erheblichen Bedeutung des Comprehensive Assessment im Rahmen des SSM und seines gewaltigen Umfanges ist es nicht nachvollziehbar, dass die Institute im selben Zeitraum mit zahlreichen weiteren Datenabfragen konfrontiert werden, die ebenfalls nur mit einem erheblichen Zeitaufwand bearbeitet werden können. Im Interesse aller Beteiligten sollten weitere Abfragen zurückgestellt werden.
- Der zukunftsgerichtete gemeinsame Stresstest von EZB und EBA sollte erst im Spätsommer 2014 durchgeführt werden. Dies hätte für alle Beteiligten den Vorteil, dass als Stichtag der 30. Juni 2014 herangezogen werden kann, zu dem die Institute bereits die CRD IV anwenden. Dies wäre bei einem Stichtag 31. Dezember 2013 nicht der Fall.

Angesichts der fortschreitenden Europäisierung der Bankenaufsicht ist uns die Präsenz auf internationaler Ebene besonders wichtig. Ich freue mich daher, dass unsere Brüsseler Mitarbeiterin Sandra Hafner kürzlich als einzige Vertreterin der deutschen Kreditwirtschaft in die Banking Stakeholder Group bei der EBA berufen wurde.

Einlagensicherung:
- Richtlinie schnell verabschieden.
- Banken und Kunden nicht überlasten.
- Keine europaweite Sozialisierung von Risiken

Die EU-Richtlinie zur Reform der Einlagensicherung, befindet sich nun endlich auf der Zielgeraden. Im Brüsseler Trilog werden gegenwärtig entscheidende Details des neuen Regelwerkes festgezurrt. Ich hoffe, dass dieses wichtige Projekt nun endlich zum Abschluss kommt. Letztlich werden die in Deutschland bewährten Systeme der gesetzlichen und freiwilligen Einlagensicherung sowie der Haftungsverbünde aufrechterhalten. Das ist für alle Bankkunden, die seit Jahrzehnten auf unsere leistungsfähige Einlagensicherung vertrauen, eine gute Nachricht!

Die neuen Vorgaben werden den Banken einiges abverlangen: So werden die Volumina der gesetzlichen Sicherungsfonds in den nächsten Jahren erheblich ausgeweitet, Fristen für Kundenauszahlungen im Leistungsfall deutlich verkürzt und neue Berichtspflichten an die EBA verordnet. Für uns ist dabei besonders wichtig, dass die Einlagensicherung als eines der sensibelsten Themen für Bankkunden nicht mit der Bankenabwicklung vermengt wird.

Wichtig ist uns auch, dass die jeweiligen Fonds ihren unterschiedlichen Zwecken entsprechend getrennt bleiben, wie das bisher in Deutschland der Fall ist. Dass die Einrichtung grenzüberschreitender Sicherungssysteme bis hin zu einem einheitlichen europäischen Fonds mittlerweile aus der Diskussion verschwunden ist, begrüße ich sehr. Einlagensicherung dient dem Vertrauen der nationalen Bankkunden und muss daher auf der Ebene der Mitgliedstaaten organisiert werden. Eine europaweite Sozialisierung nicht kontrollierbarer Bankrisiken werden wir auch in einer eventuellen künftigen Diskussion rigoros ablehnen.

Regulierung von Schattenbanken:
- Level playing field mit der Bankenregulierung
- Vermeidung von Regulierungsarbitrage und Fehlanreizen

Ich begrüße alle Maßnahmen, die zur regulatorischen Gleichbehandlung von Banken und bankähnlichen Institutionen und somit zu mehr Stabilität im Finanzsektor beitragen. Jeder Teil des Finanzsystems muss, insbesondere mit Blick auf potentielle systemische Risiken, angemessen beaufsichtigt werden. Bei regulatorischen Initiativen, die eine indirekte Regulierung über die Banken und ihre Geschäftsbeziehungen mit dem Schattenbankensektor betreffen, ist jedoch Vorsicht geboten. Diese Maßnahmen dürfen nicht dazu führen, dass Banken unverhältnismäßig belastet werden und damit immer neuen Akteuren im Bereich der Schattenbanken das Feld bereitet wird. Ein effizientes Monitoring des Schattenbankensystems erfordert eine solide Datenlage, die Aufschluss über die Risiken gibt. Das international koordinierte Schließen tatsächlicher Datenlücken ist daher zu begrüßen. Eine Meldung sämtlicher Einzelgeschäfte, nicht nur von und mit Schattenbanken, sondern auch im Interbankenbereich oder in der Gruppe ist jedoch höchst aufwändig. Daher sollte sorgfältig geprüft werden, ob ein allumfassendes Meldesystem auch über die schon jetzt äußerst stark regulierten Sektoren hinweg nötig ist oder man sich dabei nicht besser nur auf die Schattenbanken konzentrieren sollte.

SEPA-Zahlverfahren:
- Die Banken haben ihre Hausaufgaben gemacht.
- Kunden müssen Umstellung bis zum 1. Februar 2014 vornehmen.
- Bundesregierung sollte intensiver informieren.

Wie Sie sicher wissen, beginnt am 1. Februar 2014 in Europa das SEPA-Zeitalter. Uns bleiben nur wenige Wochen, bis der Zahlungsverkehr für Überweisungen und Lastschriften in seiner bisherigen Form endgültig abgeschaltet wird. Wenn bis dahin nicht alle Zahlungsverkehrsteilnehmer SEPA-fähig sind, kann das den Zahlungsverkehr schwer beeinträchtigen und zu ernsten Liquiditätsproblemen führen.
Die Banken haben ihre SEPA-Hausaufgaben gemacht:
- Die technischen Voraussetzungen sind längst geschaffen. Diverse Banken sind bereits seit vielen SEPA-fähig im Überweisungs- und Lastschriftverkehr.
- Seit 2006 unterstützen die Banken ihre großen Zahlungsverkehrskunden wie z.B. Versicherungen intensiv bei der Umstellung, arbeiten zusammen mit ihren Kunden an deren Umstellungsprojekten und führen Workshops durch.
- In Hunderten Veranstaltungen wurden und wird die Kundschaft (vom Privatkunden bis zum zahlungsverkehrs-intensiven Firmenkunden) umfangreich informiert.
- Zusätzlich werden laufend aktuelle Informationen über Kontoauszüge, Flyer oder die Internetseiten der Banken zur Verfügung gestellt.
- Und trotzdem: Eine Nutzung des SEPA-Verfahrens durch die Kunden ist bislang kaum spürbar, erst seit Mitte diesen Jahres ist ein leichter Anstieg erkennbar.

Woran liegt das?
Viele Unternehmen, Kommunen und Vereine in Deutschland haben ihre Abrechnungssysteme noch nicht auf SEPA umgestellt (mit neuer, internationaler Kontonummer IBAN und der internationalen Bankleitzahl BIC). Es wäre daher sehr hilfreich, wenn auch die Bundesregierung die Bürger und Unternehmen zeitnah und flächendeckend auf die Notwendigkeit der Umstellung auf SEPA-Zahlverfahren hinweist, ähnlich wie 2002 bei der Einführung des Euro.

Nun freue ich mich auf Ihre Fragen und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit."

Druckfähige Bilder von Dr. Gunter Dunkel finden Sie unter
https://www.voeb.de/de/pressezentrum/bildarchiv/bild_dunkel_portraet/

Aktuelle VÖB-Statistiken und -Grafiken finden Sie unter https://www.voeb.de/de/grafiken/

Über den VÖB:
Der Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands, VÖB, ist ein Spitzenverband der deutschen Kreditwirtschaft. Er vertritt die Interessen von 62 Mitgliedern, darunter die Landesbanken sowie die Förderbanken des Bundes und der Länder. Die Mitgliedsinstitute des VÖB repräsentieren mit 1.991 Milliarden Euro knapp 24 Prozent der Bilanzsumme des deutschen Bankenmarktes (Geschäftsjahr 2011). Mit rund 80.000 Beschäftigten nehmen die öffentlichen Banken ihre Verantwortung für Mittelstand, Unternehmen, die öffentliche Hand und Privatkunden wahr und sind in allen Teilen Deutschlands fest in ihren Heimatregionen verwurzelt. Mit knapp 47 Prozent sind die VÖB-Mitgliedsbanken Marktführer bei der Kommunalfinanzierung und stellen zudem rund 24 Prozent aller Unternehmenskredite in Deutschland zur Verfügung.

Weitere Informationen unter https://www.voeb.de


Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. (VÖB),
RA Dr. Stephan Rabe

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