Prognosen für Finanzierungen 2014 nicht leicht


Wien (26.03.2014) -

Stefan Lichtenecker, Lehrgangsleiter
(Foto: Controller Institut)

Stefan Lichtenecker, NÖ Beteiligungsfinanzierungs GmbH, ist Finanzierungsexperte und fachlicher Leiter des Lehrgangs Finance Manager am Controller Institut. Er gibt Prognosen für Finanzierungen in diesem Jahr ab.

Optimisten könnten angesichts der stark gestiegenen Aktienkurse auf ein Zunehmen von Börsegängen setzen, ebenso wie auf ein Anspringen des M&A-Marktes wegen der sehr aktiven chinesischen Investoren. Es ist einfach "viel Geld im Markt", das veranlagt werden will, warum nicht gerade in die Finanzierung von Unternehmen.

Pessimisten fürchten sich vor Verschlechterungen im Förderwesen mit Beginn der neuen EU-Strukturfondsperiode und vermuten, dass das Kommerzkundengeschäft der Banken noch stärker unter Druck geraten wird. Außerdem könnten Privatanleger angesichts der Alpine-Erfahrungen abgeschreckt sein, Firmenanleihen zu zeichnen.

Trotzdem - Strategische Überlegungen zur Entwicklung von Finanzierungsstrategien ändern sich kaum: Bei einer strategischen Finanzierungsplanung bestimmt nicht mehr der einzelne Mittelbedarf die Finanzierung, sondern die mittelfristige Unternehmensstrategie und -planung, dh der strategisch denkende Finanzverantwortliche verfolgt eine planbezogene, und nicht mehr eine anlassfallbezogene Finanzierung.

Im Rahmen einer anlassbezogenen Finanzierungsplanung ("bei jedem Kapitalbedarf sucht man - eben anlassbezogen - die bestmögliche, das ist häufig die billigste Finanzierung") kommt es notwendiger Weise zu einer historisch wachsenden, Einzelfall-getriebenen, immer schwieriger zu durchschauenden Finanzierungsstruktur, die oft mit einer "Finanzierungsstrategie", sprich mit einer an strategischen Entscheidungen ausgerichteten Kapitalstruktur kaum in Einklang zu bringen ist.

Neben der im Einzelfall auch erheblichen Komplexität der Kreditmittelstruktur und dem damit verbundenen Managementaufwand kann dies im Einzelfall zu überraschenden Liquiditätsstockungen führen, die den Abbruch einer erfolgreichen Unternehmensstrategie oder Schlimmeres zu Folge haben kann.

Das Ziel einer planbezogenen (strategischen) Finanzierungskultur ist es, den Kapitalbedarf im Einklang mit der Unternehmensstrategie im Vorhinein zu definieren und über drei bis fünf Jahre zu planen und im Rahmen der Finanzierungsverträge auch auf mittlere Laufzeiten (drei bis fünf Jahre) abzusichern. Nicht die Einzelmaßnahme, sondern das Bündel aller Maßnahmen im Rahmen der mittelfristigen Unternehmensentwicklung ist Gegenstand der Finanzierung. Dem im Rahmen der integrierten Unternehmensplanung errechneten Mittelbedarf werden strategische Entscheidungen zu wesentlichen Finanzierungsparametern gegenübergestellt (etwa angestrebte nachhaltige Eigenmittelquote, definierte Haftungskreise im Konzern, notwendige Flexibilität, etc.) und danach die Fremdmittel strukturiert.

Bei entsprechender Ausgestaltung der Finanzierungsverträge (insbesondere der Fälligkeiten und der Financial Covenants) kann im Unternehmen "ruhendes" Kapital ähnlich einer Anleihe erzeugt werden und die einmal gewählte Unternehmensstrategie für den gesamten Planungshorizont auch in der Finanzierung abgesichert werden.

Eine zeitliche wie quantitative Abschätzung des Mittelbedarfs mittels einer integrierten Unternehmensplanung (Bilanz, GuV und Cash Flow) ist die Voraussetzung für die Gestaltung der Finanzierungsstruktur und bildet sowohl die Grundlage für die Entscheidungsfindung, als auch die Verhandlungsbasis für die Financial Covenants. Auf diese Weise wird die Optimierung der bilanziellen Effekte, der Kennzahlen und des Ratings ermöglicht.

Ausgangspunkt der strategischen Planung der Finanzierungsstruktur sind meist einige entscheidende Kennzahlen, mittels derer die Debt Capacity (die Fähigkeit eines Unternehmens Fremdkapital aufzunehmen) vor allem im Verhältnis zur Branche oder einer noch engeren Peer Group abgeschätzt werden kann. Je nach Unternehmen, Branche und Risikoprofil der Eigentümer kann danach die Finanzierungsstruktur aggressiver oder weniger aggressiv gewählt werden.

Konklusion

Bisher war eine planbezogene Finanzierungskultur eher im angelsächsischen Raum bzw. bei Großunternehmen anzutreffen. Im kontinentaleuropäischen Mittelstand war zumindest teilweise eine eher anlassfallbezogene Finanzierung im Vordergrund. Im Rahmen der weiteren Professionalisierung des Bankengeschäfts und insbesondere der Kreditvergabe werden zunehmend auch mittlere Unternehmen deutlich gesteigerte Informationsbedürfnisse der Bank abdecken müssen und dazu gehört auch die wachsende Bedeutung einer verlässlichen mittelfristigen integrierten Unternehmensplanung. Je weiter diese entwickelt werden kann, desto mehr kann das Unternehmen in der Finanzierung auch aktiv zurückgreifen und mit der Bank eigens auf die jeweilige Unternehmensstrategie abgestimmte strukturierte Finanzierungen entwickeln, die beiden Seiten und nicht zuletzt auch dem verantwortlichen Aufsichtsrat mehr Sicherheit bieten, dass die heute verabschiedete Strategie der Unternehmen auch morgen und übermorgen ausfinanziert ist.

Stefan Lichtenecker, NÖ Beteiligungsfinanzierungs GmbH, ist Finanzierungsexperte und fachlicher Leiter des Lehrgangs Finance Manager, der wieder am 25. 4. 2014 startet. Programm und Anmeldung: https://www.controller-institut.at/de/bildungsprogramm/seminare-lehrgaenge/finance-manager-93/


Contrast Management-Consulting GmbH,
Michaela Sramek


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