Buch: "Sterben - Zwischen Würde und Geschäft"


Wien (16.09.2014) -

Arzt und Autor Loewit kritisiert System,
(Foto: pixelkinder/guenther-loewit.at)

"Der Tod ist die letzte Gelegenheit, ein Geschäft mit einem Menschen beziehungsweise mit seinen Nachkommen zu machen", lautet eine von vielen Aussagen des österreichischen Mediziners und Autors Günther Loewit https://guenther-loewit.at . In seinem neuesten Werk "Sterben - Zwischen Würde und Geschäft" kritisiert der praktizierende Arzt den Umgang der Gesellschaft mit dem Sterben. Im Fokus seiner Arbeit stehen die aus seiner Sicht oftmals aufgezwungenen lebensverlängernden Maßnahmen für alte Menschen. Das Buch ist im Haymon Verlag https://haymonverlag.at erschienen.

"Mit meiner Berufserfahrung bin ich sozusagen ein System-Insider. Ich habe über 1.000 Patienten auf ihrem Weg in den Tod begleitet. Ein Tischler oder Maurer deutet auf sein letztes Objekt und sagt: 'Das ist mein Werk'. Ich könnte auf den Friedhof gehen und, so drastisch es auch klingen mag, sagen 'Das ist mein Werk'", so Loewit auf Nachfrage von pressetext. "In der Medizin muss mehr geredet und zugehört werden. Wirtschaft geht mittlerweile vor Menschlichkeit. Wir befinden uns in einer Nicht-Sterben-Lassen-Industrie!"

Arzt und Skeptiker

Loewit, der seit 1987 als Stadtarzt in Marchegg (Niederösterreich) Patienten behandelt, wurde zunächst durch seine Romane in der Literaturszene bekannt. Doch auch in seinen Sachbüchern begibt sich der medizinische Querdenker, wie er oftmals betitelt wird, auf Augenhöhe mit dem Leser. Er versteht es auch in sachlichen Texten Geschichten zu erzählen. Während seiner Arbeit als Mediziner bemerkt er, dass oft die Kommunikation mit Patienten fehlt und viele Vorschriften für Ärzte das Gesundheitswesen finanzieren. "Vielen fehlt die Empathie."

Für Loewit ist der Prozess der Geburt und des Sterbens ähnlich. Seiner Meinung nach sollten beide Prozesse am besten ablaufen, wenn man der Natur freien Lauf lässt und sich der Mensch so wenig wie möglich einmischt. "Die Natur hat eingerichtet, dass das Sterben im Normalfall schmerzfrei ist - ähnlich wie die Geburt, bei der im Säugling Endorphine ausgeschüttet werden und er durch den engen Geburtskanal zur Welt kommen kann. Wir lassen das schmerzfreie Sterben oft nicht mehr zu, sondern verlängern den Prozess sinnlos, aber profitabel."

Kritik an Gesetzeslage

Ein zentraler Argumentationspunkt Loewits ist, dass Altersschwäche keine zugelassene Todesursache ist. Mediziner sind verpflichtet, nach dem Ableben eine Krankheit zu identifizieren. Autor Loewit widerspricht diesem Zwang. Er findet, dass Altersschwäche sehr wohl ein Grund für das Ableben eines Menschen sein kann. "Man stirbt am Ende des Lebens. Der Tod nimmt einen zurück", so Loewit. Er machte die Erfahrung, dass man in Afrika, wo der Tod in vielen Regionen omnipräsent ist, viel besser mit dem Thema umgehen kann.

Im Buch werden auch die Angehörigen von Sterbenden erwähnt. Oft seien es diese, die es nicht wahrhaben wollen, dass ein Leben vorbeigeht. Auch von ihnen kommt die Initiative, das Sterben aufzuschieben. Das Sterben ist in unserer modernen Gesellschaft verdrängt worden, weil Spaß und positive Erlebnisse an erster Stelle stehen. "Der Tod begleitet uns im Leben immer nur virtuell, er ist aber nicht mehr das Ziel", so der Autor. "Wir nehmen keinen einfachen Tod mehr hin, wir verkomplizieren ihn - und moderne Medizin tötet mehr Menschen als wir glauben. Magen-Darm-Blutungen bei alten Menschen werden zum Beispiel häufig durch die Einnahme von zu vielen Tabletten ausgelöst."


pressetext.redaktion,
Sabrina Manzey



Advertising