WIFO-Experte: Asylbewerber als Konjunkturmotor


Fresach/Wien (13.06.2016) -

WIFO sieht Chancen bei Zuwandererpolitik
(Foto: Fotodienst / Gerhard Kampitsch)

"Zuwanderung bedeutet aus wirtschaftlicher Sicht einen Zugewinn an Arbeitskräften und Qualifikationen. Sie führt erfahrungsgemäß auch zu einer Intensivierung der Wirtschaftskontakte mit den Herkunftsländern der Zuwanderer", kommentiert Peter Huber, Regionalreferent am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) https://wifo.ac.at , die aktuelle Flüchtlingsdiskussion. Bei den Europäischen Toleranzgesprächen in Fresach https://fresach.org diskutierte er mit dem Publikum über die Migration am Arbeitsmarkt. Im Gespräch mit pressetext ließ er die wichtigsten Erkenntnisse noch einmal Revue passieren.

"Langfristig sollte die gegenwärtige Flüchtlingswelle die Debatte über die Alterung der österreichischen Bevölkerung entschärfen und die Exporte in die Herkunftsländer der Flüchtlinge ankurbeln", erläutert Huber. "Kurzfristig wirken die Ausgaben für die Versorgung von Asylbewerbern wie ein Konjunkturprogramm, mit den entsprechenden Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekten."

Nachholbedarf bei Integration

Jedoch dürfen die dafür notwendigen Integrationsprozesse der Zuwanderer in den Arbeitsmarkt und in das Bildungssystem nicht auf die leichte Schulter genommen werden. "Versäumnisse bei der Integration können erfahrungsgemäß sehr langfristig, oft über Generationen hinaus, Kosten verursachen", warnt Huber. Auf Seiten der Politik bestehe diesbezüglich noch Nachholbedarf.

"Zentral ist es, im gesamten Politikdesign anzuerkennen, dass ein substanzieller Teil der Bevölkerung Österreichs zugewandert ist und für diese Gruppe entsprechend effektive und differenzierte Prozeduren und Programme zu erarbeiten sind, um sie in ihrer Integration bestmöglich zu unterstützen", meint Huber. Dabei gehe es um eine ganze Fülle an Maßnahmen. In städtischen Ballungszentren sind immerhin bis zu 45 Prozent der Bewohner im Ausland geboren, erläutert Huber.

Ressourcen von Flüchtlingen nutzen

Huber warnt insbesondere vor den Effekten, die Langzeitarbeitslosigkeit auf Menschen hat. Dass Asylbewerber vereinzelt für eine kleine Vergütung gemeinnützige Arbeit leisten, wie das in Wien bereits der Fall ist, findet er gut: "Alle Maßnahmen, die die Ressourcen der Flüchtlinge nutzen, ihnen Erfahrungen mit der Arbeit in Österreich vermitteln oder ihnen Chancen auf Kontakt mit der einheimischen Bevölkerung eröffnen und damit ihre gesellschaftliche Integration unterstützen, sind zu begrüßen." Es könnten sich aber Probleme ergeben, wenn solches Engagement vonseiten der Flüchtlinge mit der Zeit verpflichtend oder eine Voraussetzung für den Verbleib in Österreich werde.

Das Thema Migration und Arbeitsmarktintegration bietet für Huber noch einige Forschungsideen: "In Österreich gibt es kaum Untersuchungen über den Integrationsverlauf einzelner Zuwanderungsgruppen im Zeitverlauf. Dies erschwert es auch der Politik, besonders wirksame Maßnahmen im Integrationsbereich vorzuschlagen. Hier sind wir fast gänzlich auf internationale Erfahrungen angewiesen." Das möchte Huber in Zukunft ändern.




pressetext.redaktion,
Marie-Thérèse Fleischer



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