Call-Center-Branche: Zentralismus als Todesurteil


Berlin/Bonn (12.12.2013) -

Call-Center-Agent:
veraltete Strukturen out
(Foto: pixelio.de, K. Gastmann)

Zentralistisch organisierte Call Center, deren Mitarbeiter andauernd kontrolliert werden und sich nicht frei entfalten können, laufen nicht nur dem Technologiezeitalter hinterher, sondern büßen auch an ihrer Wirtschaftlichkeit ein. Trotz aller Effizienzbemühungen gehen alleine in Deutschland Minute für Minute Anfragen verloren, werden Kunden frustriert und Mitarbeiter demotiviert. Zeitgleich langweilen sich Agenten, da nichts passiert. Betriebskosten stehen somit in keiner Relation mehr zum Gewinn.

Teamarbeit und Wissensaustausch

Experten sehen den Grund für die Misere hausgemacht. In der Arbeitsorganisation orientiert sich die gesamte Call-Canter-Branche immer noch an alten und überkommenen Vorbildern des industriellen Kapitalismus, so die Kritik. Soll heißen: Produktion von Dienstleistungen als Massenware, Standortprinzip statt flexible Arbeit sowie Kontrolle von Arbeitsplätzen statt Selbstverantwortung. Am Ende kommen unweigerlich hierarchisch geführte Agenten-Silos heraus, die meilenweit entfernt sind von smarten Arbeitsbedingungen für deren Mitarbeiter.

"Zentralistisch geprägte Call-Center-Organisationen passen nicht mehr in eine Landschaft, die von Vernetzung und Mobilität geprägt ist. Es fällt zunehmend schwerer, die besten Talente an einem Ort zu gewinnen. Die Rekrutierung von Mitarbeitern muss sich mit Verlegenheitslösungen über Wasser halten. Agenten stehen in Großraum-Büros unter einem enormen Leistungsdruck und reagieren häufig mit Ellbogen-Mentalität gegenüber Kollegen", weiß Thomas Dehler, Chef von Value5 https://value5.com , im Interview mit pressetext.

Teamarbeit und Wissensaustausch blieben so auf der Strecke - auch wenn oft das Gegenteil behauptet werde. Trotz der Kritik: An starren Arbeitszeiten und Organisationsmethoden hat sich bislang wenig geändert. Büros mit Fußballkicker, Obstkörben und bunten Büromöbeln scheinen in Deutschland schon zu Avantgarde-Erscheinungen des modernen Arbeitslebens zu zählen. Für Markus Albers von der Berliner Agentur rethink https://rethink-everything.net sind diese Anreize eher ein Feigenblatt, um Mitarbeiter krampfhaft bei Laune zu halten.

Metamorphose zur "Easy Economy"

Galt bisher die Maxime "Arbeiten in einer festen Struktur, am fixen Ort und zur bestimmten Zeit", so erlauben neue technologische Entwicklungen wie Cloud Computing das "Arbeiten mit wem, wo und wann man will". Albers sieht gegenüber pressetext eine Metamorphose zur "Easy Economy", die sich nicht mehr über Bürogebäude definiert. "Sie hilft Unternehmen, die klügsten Köpfe anzuziehen, die besten Produkte zu entwickeln und nebenbei noch Immobilienkosten zu sparen, weil Büros bis zu 50 Prozent kleiner sein können, wenn nicht mehr jeder jeden Tag 9to5 am Schreibtisch sitzt."

Tim Cole und Ossi Urchs bezeichnen diesen Umstand in ihrem Buch "Digitale Aufklärung" als Wertschöpfungsnetzwerk. Komplexe Aufgaben werden in einfache Module zerlegt und über das Netzwerk an Personen vergeben, die dafür die nötige Kompetenz besitzen und gerade Zeit haben. "So werden einzelne Mitarbeiter, Arbeitsgruppen und sogar ganze Organisationseinheiten projekt- und aufgabenbezogen zu Teams zusammengeführt und bilden damit eine Art virtuelle Organisation auf Zeit", heißt es darin.


pressetext.redaktion,
Gunnar Sohn

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