Betriebsrats-Bashing in Deutschland trauriger Alltag


Düsseldorf (03.11.2016) -

Deutsche Arbeitgeber behindern jede sechste Betriebsratsgründung. Sie schüchtern Kandidaten ein, drohen mit Kündigung oder verhindern die Bestellung eines Wahlvorstands. Das zeigen neue Auswertungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung https://boeckler.de . Demnach gehen Unternehmen besonders gegen Neugründungen von Betriebsräten häufig aggressiv vor.

159 Gewerkschafter befragt

2015 haben die WSI-Forscher 159 hauptamtliche Gewerkschafter der IG BCE, der IG Metall und der NGG zu ihren Erfahrungen mit der Durchführung von Betriebsratswahlen befragt. Ergebnis: Über die Hälfte der Befragten kannte Fälle, in denen Unternehmen versucht hatten, Betriebsratswahlen zu behindern. Besonders rau scheint es in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie und dem Gastgewerbe zuzugehen. In diesem Bereich hatten 76 Prozent der Hauptamtlichen Kenntnis von Störmanövern der Arbeitgeber.

In der Metall- und Elektroindustrie sind es 53 Prozent, im Organisationsbereich der IG BCE 43 Prozent. Über ein Drittel der Gewerkschafter berichtet darüber hinaus von Versuchen, die Arbeit bereits gewählter Gremien zu erschweren. Bei der NGG beträgt der Anteil 48 Prozent, bei der IG BCE 37 Prozent und bei der IG Metall 31 Prozent. Den Befragten sind 221 Betriebe bekannt, in denen es zu Behinderungen bei Betriebsratswahlen gekommen ist. In einem Drittel dieser Betriebe ist die Wahl letztlich vereitelt worden. Maßnahmen gegen bestehende Arbeitnehmervertretungen sollen 92 Firmen ergriffen haben.

Einschüchterung von Kandidaten

Wie hoch der Anteil der Betriebsratswahlen ausfällt, bei denen es zu Eingriffen kommt, konnten das WSI für die Organisationsbereiche von IG BCE und die IG Metall berechnen. In den 35 Bezirken der IG BCE und den Zuständigkeitsbereichen der 103 IG-Metall-Geschäftsstellen, die in die Befragung einbezogen waren, gab es zwischen 2013 und 2015 Wahlen zu 10.445 Betriebsräten. Bei 1,7 Prozent dieser Wahlen erhielten die beiden Gewerkschaften Kenntnis von Obstruktionsversuchen des Managements. Weitaus häufiger war dies bei Neugründungen von Betriebsräten. Von 835 erstmals durchgeführten Betriebsratswahlen im Bereich von IG BCE und IG Metall waren 16,3 Prozent von Behinderungen seitens der Unternehmen betroffen.

Um Betriebsratswahlen zu sabotieren, werden Kandidaten eingeschüchtert. Das geschah in 71 Prozent der Fälle, in denen es zu einer Behinderung kam. In 66 Prozent versuchten Arbeitgeber die Bestellung eines Wahlvorstands zu verhindern, bei 43 Prozent unterstützten sie ihnen nahestehende Kandidaten. In einem Fünftel der betroffenen Betriebe wurde Kandidaten gekündigt. Zu den gängigen Maßnahmen gegen gewählte Gremien gehören Versuche, Mitglieder zum Rücktritt zu drängen, Kündigungen und Auflösungsanträge beim Arbeitsgericht. Die betroffenen Arbeitnehmervertreter ihrerseits haben Behinderungen von Wahlen in 7,7 Prozent der Fälle angezeigt, Übergriffe auf bestehende Betriebsräte zu 7,5 Prozent.



Florian Fügemann,
fuegemann@pressetext.com



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